Donnerstag, 5. Dezember 2013

Der Winter im Sprawl

Der ist vor allem eines: Hässlich. Und auch kalt und nass. Und wenn ich nass sage, meine ich Regen, nicht Schnee. Außerdem gibt es mit dem Smog noch ein alljährliches Winterphänomen im Sprawl. Wenn der Wind mal ungünstig steht und den Dreck der Schwerindustrieanlagen im südlichen Sprawl zusammen mit den Vulkanaschewolken ins Zentrum pustet, wenn dann noch eine warme Luftschicht über der Stadt wie eine Betondecke den ganzen Dunst unten hält, dann gibt es Wintersmog. Und wie jedes Jahr steigen die Absatzzahlen der Chemoanzüge (oder chemisch versiegelter Designerkleidung für die, die es sich leisten können) in die Höhe. Der Smog bleibt nur Phasenweise, denn nach einem Regenguss klärt sich die Luft (und der Dreck klebt an den Häusern und Straßen. Und Deiner Karre, Chummer) nur um Tags darauf wieder dicht wie Kohlsuppe zu werden.


Das ist natürlich auch die Zeit für Feiertage und Nächstenliebe und so. Und die Konzerne übertreffen sich jedes Jahr aufs neue mit ihren Bemühungen, den ärmeren Menschen iim Sprawl unter die Arme zu greifen - Jene, die durch den Smog und den sauren Regen mit schwersten Erkrankungen zu kämpfen haben. Und so wie es Spendenveranstaltungen und medial inszenierte Einweihung eines weiteren Krankenhauses nahe der Barrens gibt, so gibt es auch Demonstrationen jener, die man sonst nicht hört (oder sieht), wenn man eine wohl behütete Konzerndrohne ist. Demonstrationen des Frustes und der Verzweiflung trotz der gerade bewiesenen Barmherzigkeit (undankbares Pack!). Und wie seit vielen Jahren (so ist es praktisch Tradition in der Emerald City) findet der Winter seinen vorläufigen Höhepunkt in den Ausschreitungen und Krawallen der Silvesternacht, wenn die SINlosen aufbegehren. Nun ist die Ordnungsmacht im Sprawl längst darauf vorbereitet und schirmt die Viertel der kaufkräftigen Konsumenten (früher hätte man Wähler und Steuerzahler gesagt) ab, so dass dem Mob nur die Möglichkeit bleibt, sich selbst zu zerfleischen. Frohes neues Jahr.

Und wo bleibt der Schnee? Schnee ist im Sprawl nicht unbekannt, aber selten, vielleicht an einer Handvoll Tagen im Winter (Ausnahmen bestätigen die Regel). Aber es ist ja nicht so, dass Schnee im Winter nicht allgegenwärtig wäre. Am deutlichsten wird das durch die schneebedeckten Hänge der Olympic Mountains hinter dem Puget Sound, und natürlich der nördlichen Kaskadenkette mit dem imposanten Mt. Rainier. Nun… Mt. Rainier hat zugegebenermaßen viel von seinem früheren winterlichen Eindruck verloren, seitdem heiße Lava seine Hänge bedeckt und er kontinuierlich Aschewolken auf den südlichen Sprawl spuckt.

Der Winter als Zeit der Besinnlichkeit? Nur, wenn Du es Dir leisten kannst...





Der Winter im Sprawl ist mein Beitrag zum RSP-Karneval Thema Winter [Dezember ’13]. Weitere Artikel zum aktuellen RSP-Karneval:




3 Kommentare: